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Wirkstoffe & Formulierungs­hilfsstoffe

Grundlagen unserer Rohstoffe

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Dr. Weigert - Wirkstoffe & Formulierungshilfsstoffe

In den fünf vorausgehenden update-Beiträgen wurden relevante Rohstoffklassen vorgestellt, die in den Rezepturen von Dr. Weigert eingesetzt werden (siehe Abbildung 1). Dabei wurde sowohl auf ihre chemischen Strukturen als auch auf die damit zusammenhängenden Funktionen dieser Stoffe eingegangen und ihr Beitrag zur ausgelobten Eigenschaft und intendierten Anwendung der Rezeptur verdeutlicht. In diesem abschließenden Aufsatz werden die Stoff- und Eigenschaftsklassen vorgestellt, die in den vorangegangenen Beiträgen unberücksichtigt geblieben sind, die aber gleichwohl einen Anteil an der Wirksamkeit der Formulierung haben.

Wirkstoffe, Aktivstoffe

In Ausgabe 4 der update wurde mit den Konservierungsstoffen bereits eine Stoffgruppe ausführlich besprochen, die ebenfalls zu den Wirkstoffen gezählt wird. Die Eigenschaft der Inhibierung von Keimwachstum zur Stabilisierung einer Rezeptur lässt sich auch auf weitere Aktivstoffe ausweiten, die beispielsweise eine ausgelobte Biozidie oder Desinfektionseigenschaft überhaupt erst möglich machen. Soll eine Rezeptur eine desinfizierende Auslobung zum Ziel haben, so muss neben der Klärung des Wirksamkeitsspektrums definiert werden, auf welcher Wirkstoffbasis diese erfolgen soll. Erst danach kann der Entwickler die weiteren Rezepturkomponenten um diese Basis herum entwickeln. Eine wichtige biozide Stoffklasse ist die der kationischen Tenside wie Didecyldimethylammoniumchlorid (siehe Abbildung 2), Benzalkoniumchlorid (siehe Abbildung 4), N,N-Didecyl-N-methylpoly(oxyethyl)-ammoniumpropionat (siehe Abbildung 3) oder Alkylamine wie Bis(aminopropyl)dodecylamin (siehe Abbildung 5). Bei den Substanzen 2 bis 4 handelt sich um sogenannte quartäre Ammoniumverbindungen, die auch als „Quats“ bezeichnet werden.

Neben den kationischen Tensiden bilden oxidativ wirkende Aktivstoffe eine wichtige Basis als Rohstoffkomponente für biozide Auslobungen. Hier sind insbesondere Natriumhypochlorit (NaOCl, sog. Chlorbleichlauge) und Peressigsäure (siehe Abbildung 6) als Vertreter dieser Chemie zu nennen. Erstere kann nur in einer alkalischen Rezepturmatrix eingesetzt werden, weil es sonst zur Bildung von gefährlichem Chlorgas kommt.

Abbildung 2: Didecyldimethylammoniumchlorid

Abbildung 3: N,N-Didecyl-N-methyl-poly(oxyethyl)ammoniumpropionat

Abbildung 4: Benzalkoniumchlorid

Abbildung 5: Bis(aminopropyl)dodecylamin

Abbildung 6: Peressigsäure

Abbildung 7: Glutardialdehyd

Ein weiterer Wirkstoff, der wiederum einer gänzlich anderen Stoffklasse zugeordnet wird, ist Glutardialdehyd (siehe Abbildung 7), der wiederum nicht alkalisch formuliert werden darf, da der Wirkstoff sonst polymerisiert und sich dadurch abbaut.

Wie bei den Konservierungsstoffen dargelegt, unterliegen auch diese bioziden Wirkstoffe einem hohen Regulierungsaufwand. NichtMedizinprodukte mit einer bioziden Auslobung werden durch die Biozidprodukteverordnung EU 528/2012 reglementiert, wofür die Rohstoffhersteller bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA umfangreiche Dossiers einreichen müssen. Diese werden in der sogenannten „Artikel 95-Liste“ gelistet, die dem Entwickler als Positivliste zur Rohstoffauswahl zur Verfügung steht. Bei Medizinprodukten ist der Freiheitsgrad größer, da hier die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte gilt, wodurch die Rohstoffauswahl ausschließlich der ausgelobten Wirksamkeit verpflichtet ist.

Formulierungshilfsstoffe

In den vorangegangenen Beiträgen wurden bereits Komplexbildner, Tenside oder Hydrotrope einzeln betrachtet und ihr Beitrag zur Auslobung der Rezeptur gewichtet. In der Literatur werden diese Stoffe häufig auch als Formulierungshilfsstoffe bezeichnet, da sie unter anderem auch der galenischen Stabilität der Rezeptur dienen. Da sie bereits beschrieben wurden, wird im Folgenden darauf nicht weiter eingegangen.

Als in der Gesamtbetrachtung noch fehlenden Formulierungshilfsstoffe wären Farbstoffe und Parfümöle zu nennen. Durch den Fokus der Anwendungsbereiche auf die maschinelle Reinigung im Bereich der Küche, der Lebensmittelindustrie und der Medizinprodukteaufbereitung haben beide Rohstoffklassen für Dr. Weigert nur eine untergeordnete Bedeutung. Im Bereich der manuellen Anwendung, bei der der Anwender mit der Reinigungsflotte unmittelbar arbeitet, dienen Parfümöle der Überdeckung der unter Umständen unangenehmen Eigengerüche der eingesetzten Rezepturrohstoffe und der Schaffung eines angenehmeren Raumklimas, wenn das Produkt für die Flächenreinigung eingesetzt wird. Parfümöle bestehen aus einer heterogenen Mischung vieler Einzelkomponenten, die in der Regel Herstellergeheimnis bleiben und schwierig nachzustellen sind. Leider wurden viele dieser Einzelkomponenten in den letzten Jahren als allergisierend oder gar als carcinogen, mutagen oder reproduktionstoxisch gekennzeichnet, so dass sie substituiert werden mussten. Für den Entwickler ergibt sich die Herausforderung, dass ein Parfümöl sowohl vor und nach Lagerung als auch bei verschiedenen Anwendungstemperaturen die gleiche Wirksamkeit entfalten muss und sich die Geruchsnote nicht verändern darf. Da sich olfaktorische Eigenschaften nicht über Messmethoden objektivieren lassen, sind unter Umständen umfangreiche Geruchspanel mit mehreren Mitarbeitern erforderlich, um eine zufriedenstellende Geruchsnote zu qualifizieren.

Auch Farbstoffe haben keine Funktion im Sinne der Leistung eines Produktes, sondern dienen der optischen Attraktivität eines manuellen Reinigungsmittels oder einer anwendungstechnischen Differenzierung. So können Klarspüler im Küchenbereich eine bläuliche Einfärbung besitzen, um sie von der Reinigungschemie abzugrenzen. Gleichwohl ist die Qualifizierung einer Einfärbung in einer Rezeptur sehr aufwändig. Da die Farbwirkung eines Farbstoffes in der Regel pH-abhängig ist, muss die Auswahl nicht nur den Vorgabewünschen des Marketings, sondern vor allem den Rezeptureigenschaften folgen. Ist die Rezeptur durch die verwendeten Rohstoffe bereits stark eingefärbt, kann es unter Umständen schwierig werden, eine attraktive Farbgebung der Rezeptur zu erreichen. Aus einer gelblich-bräunlichen Mutterrezeptur lässt sich keine hellblaue Einfärbung mehr erreichen. Schließlich sind Farbstoffe darüber hinaus selbst häufig gegenüber UV-Licht instabil, was dazu führen kann, dass die Rezeptur sich im Sonnenlicht entfärbt. Trotz ihrer geringen technischen Bedeutung ist die Qualifizierung der Einfärbung einer Rezeptur nur über umfangreiche Lagerversuche in Lichtkabinetten möglich.

Schlussbemerkung

Chemische Rohstoffe bilden die Grundlage der Produkte, die die Chemische Fabrik Dr. Weigert vertreibt. Das Verständnis darüber ist damit essenziell für die Problemlösungskompetenz bei Kunden und den wirtschaftlichen Erfolg des Hauses. Die eingesetzten Rohstoffe bestimmen die Leistung und das Eigenschaftsbild der vertriebenen Produkte maßgeblich. Durch die Betrachtung der chemischen Funktionalitäten und die sich daraus ableitenden Eigenschaftsbilder der eingesetzten Rohstoffe entscheidet der Entwickler über die ausgelobten Eigenschaften des Produktes. Die richtige Auswahl und deren Einsatz erfordert ein umfassendes chemisches Stoffwissen, damit das gewünschte Ziel, eingerahmt von regulativen, strategischen und monetären Erwägungen, erreicht wird.

In dieser kleinen Serie wurde versucht, durch die Vermittlung chemischer Grundlagen, die der Entwicklung von Rezepturen von Waschund Reinigungsmitteln im I&I-Bereich zugrunde liegen, einen Beitrag zum Verständnis der Herausforderungen in der Entwicklung zu leisten. Die Auswahl der vorgestellten Rohstoffe ist dabei vor allem der Bedeutung im Portfolio von Dr. Weigert geschuldet. Insgesamt ist die Rohstoffbasis sowohl bei Dr. Weigert als auch in der EU erheblich größer, so dass es immer wieder Neuentdeckungen gibt, deren Potential für die Entwicklung gehoben werden kann.

Autor, Autorin

Dr. Matthias Springer
Leitung Forschung & Entwicklung


Zeichnungen

Dr. Bastian Wulff
Innovation und Spezielle Projekte

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